Hallo ,
wir machen direkt weiter mit dem nächsten Thema unseres Kurses:
Heute kümmern wir uns um den schulmedizinischen Terminus der „Azidose“. Eure Haustierärzte kennen nur so etwas, bitte immer daran denken. Und eine „Übersäuerung“ beziehen sie in der Regel auf den Magen. Ich werde Euch nun die Unterschiede erklären.
Betrachten wir einmal, wie eine ausgeglichene Säure-Basenbilanz aussieht. Die Säuren müssen ständig neutralisiert und ausgeschieden werden, genau wie ein Zuviel an Basen. Der Körper schaut über Chemorezeptoren ständig danach, wie es aktuell im Blut aussieht und korrigiert sehr flott.
Woher kommen die Säuren im Körper? Sie werden aufgenommen und sie fallen im Stoffwechsel natürlicherweise an. Über Nahrung/Futter, Medikamente etc. kommen Säuren von außen. Dazu addieren sich z.B. Milchsäure aus dem Muskelstoffwechsel, Kohlensäure, Phosphor- und Schwefelsäure aus dem Eiweißabbau usw.
Genauso läuft es mit den Basen. Nahrung/Futter bieten auch basische Stoffe. Über das Pankreas produziert der Körper selbst sein Bicarbonat, auch im Blut ist es über das Puffersystem enthalten. An sich einfach zu verstehen.
Vielleicht erinnert Ihr Euch, wer die wichtigsten säureausscheidenden Organe sind? Richtig, die Nieren und die Lunge. Die Nieren können Protonen aktiv in die Tubuli sezernieren und dabei das so wertvolle Natrium im Austausch zurückholen. Bicarbonat als wichtige Base wird zwar frei filtriert, aber vollständig wieder zurückresorbiert. Dabei reagieren Protonen mit Bicarbonat im Tubulus zu CO2 und Wasser. Das CO2 ist gut membrangängig, es wird flott durch die Tubuluszellen transportiert und als Hydrogencarbonat-Ion ins Blut abgegeben. Damit ist es wieder da, wo es gebraucht wird. Wenn das so nicht laufen würde, würde der Säure-Basenhaushalt binnen kürzester Zeit völlig zusammenbrechen.
In der Lunge wird CO2 abgeatmet. Es fällt bei praktisch allen Stoffwechselreaktionen als Gas an und wird gelöst im Blut transportiert. Immer, wenn zu viel oder zu wenig Säuren / Basen entstehen, kann die Lunge als Ausgleich herangezogen werden. Sie kann sehr schnell reagieren, die Nieren brauchen dagegen 1-2 Tage Anlaufzeit.
Bei einer Azidose (von lateinisch acidum = Säure) fällt der Blut-pH unter den Referenzwert. Man unterscheidet je nach Entstehungsursache respiratorische und metabolische Azidose.
Die respiratorische Form entsteht bei Lungenerkrankungen und Atembehinderungen, wenn zu wenig CO2 abgeatmet wird. Der CO2-Wert im Blut steigt an, ebenso in der Folge die Protonen und Bicarbonat-Ionen. Es beginnen natürlich gleich die Puffersysteme zu arbeiten. Können sie die sauren Protonen nicht mehr abfangen, sezerniert die Niere vermehrt Protonen und hält als Ausgleich Bicarbonat zurück.
Metabolisch bedeutet stoffwechselbedingt oder im Stoffwechsel entstanden. Es ist entweder zu viel Säure unterwegs oder zu wenig Basen. Dafür gibt es etliche Möglichkeiten. Die wichtigsten sind eine Niereninsuffizienz (zu geringe Protonenausscheidung oder zu geringe Bicarbonatresorption); zu hohe H+-Aufnahme, zu viel Milchsäure durch Sauerstoffmangel im Gewebe, diabetische Ketoazidose. Im Gegenzug Bicarbonatverluste über den Darm bei Durchfall. Hier wird die Lunge zum Ausgleich herangezogen.
Die Alkalose ist für uns nicht soo wichtig, es geht uns schließlich um die Säure. Hier liegt der pH im Blut über dem Referenzwert.
Respiratorische Azidose
Bei der respiratorischen Form wird z.B. zu viel CO2 abgeatmet. Wer von Euch war schon mal richtig aufgeregt, hat schnell geatmet und dann wurde es schummerig? Das war eine akute Alkalose! Das gleich kann bei hohem Fieber oder unter der Geburt passieren. Bei länger andauernder Alkalose, z.B. bei Aufenthalt in großen Höhen, beginnt die Niere zu kompensieren, indem sie vermehrt Bicarbonat ausscheidet.
Metabolische Azidose
Die metabolische Alkalose entsteht durch Säureverluste bei starkem, wiederholtem Erbrechen, bei starkem Schwitzen, nach Magenspülungen. Sie wird durch eine verminderte Atmung kompensiert.
Überlegt einfach, wo habe ich ein Zuviel oder Zuwenig. Fluten zu viel Säuren oder Basen an, habe ich einen Verlust? Dann sind die Störungen des Säure-Basenhaushaltes nicht schwer zu verstehen.
Viel spannender ist natürlich die naturheilkundliche Übersäuerung.
Nun die spannende Frage: gibt es noch weitere säureassoziierte Prozesse im Körper? Ja!
Bei der Pansenazidose der Wiederkäuer handelt es auch um eine Stoffwechselstörung. Sie entsteht durch zu viele leicht verdauliche Kohlenhydrate im Futter. Die Pansenflora vergärt sie, es entsteht viel Milchsäure und es kommt zu einer schnellen Vermehrung milchsaurer Keime. Die erwünschte Flora stirbt dann in Teilen ab, wobei Endotoxine freigesetzt werden, die den Körper überfluten. Die Pansenschleimhaut reagiert entzündlich. Auch die Milchsäure wird in den Körper aufgenommen und führt zu einer metabolischen Azidose. Bakterien und Pilze dringen in den Körper ein. Das bleibt nicht ohne Folgen für den Körper. Es entstehen allgemeine Komplikationen, z.B. toxinbedingte Klauenentzündungen.
Die Hufrehe des Pferdes läuft, pathogenetisch betrachtet, ganz ähnlich ab. Pferde haben nur keinen Pansen, sondern dort entsteht oft im Blinddarm ein akutes Problem. Eine Überfütterung mit Kohlenhydraten läßt unerwünschte (milchsäureproduzierende) Bakterien explosionsartig wachsen. Das nimmt allerdings die Standortflora übel, sie stirbt ab und setzt dabei Toxine frei, Auslöser für eine Fütterungsrehe.
Beim Diabetes tritt die Ketoazidose auf. Unter Insulinmangel beim Typ-1-Diabetes kommt es unter Cortisoleinwirkung zu einer Hyperglykämie, also zuviel Glucose im Blut. Zur Energiegewinnung wird dann vermehrt Körperfett herangezogen. Als Nebenprodukt entstehen Ketonkörper, die im Blut den pH-Wert absenken.
Übrigens ist ein Zuviel an Magensäure nicht etwa eine “Magenazidose”, sondern hier spricht die Medizin von einer Hyperazidität. Und das lästige Sodbrennen trägt den schicken Namen Gastroösophageale Refluxkrankheit. Das Kind muss eben einen Namen haben
Nach alldem trockenen chemischen Kram können wir uns nun bequem zurücklehnen und einmal tief durchatmen.
Was ist eine „Übersäuerung“?
Eine Übersäuerung im naturheilkundlichen Sinne ist eine chronische Gewebsazidose.
Der Pionier der Säure-Basenforschung, F.F. Sander, nennt sie seit den 50er Jahren auch „latente Azidose“. In dieser Situation ist der pH im Blut stabil, aber die Pufferkapazitäten im Blut sind zum größten Teil verbraucht. Wohin dann mit den Säuren? Ins Bindegewebe. Weil sich pure Säure schlecht lagern läßt, baut der Körper sie zu Salzen um.
Wie läuft das ganze ab?
Zu viele anflutende Säuren im Organismus verbrauchen freie Basen.
Die Pufferkapazität des Blutes sinkt.
Die Säure wird als Salz im Bindegewebe zwischengelagert. Dazu werden basenbildende Mineralstoffe wie Kalium, Calcium, Magnesium und Natrium gebraucht.
Werden die Mineralstoffvorräte aufgebraucht, geht der Körper gezwungenermaßen an andere Quellen. Er entmineralisiert Knochen (nachweislich schwindet die Knochenmasse), Knorpel und Zähne.
Die eingelagerten Salze hemmen natürlich irgendwann die Durchblutung. Die Nährstoffunterversorgung des Gewebes nimmt ab. Auch der Abtransport von sinnvollen Stoffwechselprodukten oder Zellabfällen ist nicht mehr gegeben.
Es tritt eine Art Stillstand im Gewebe ein. Es kommt nichts an und es fließt nichts ab. Denkt an die fleißigen Enzyme. Sie arbeiten immer nur in ihrem eigenen pH-Optimum (s.o.) und das ist hier nicht mehr gegeben. Die pH-Verschiebungen stören damit den Stoffwechsel praktisch auf allen Ebenen. Vielfältige Krankheitsbilder sind die Folge (wir kommen drauf).
Gleichzeitig nimmt die Reizbeantwortung des Gewebes ab und kann zum Erliegen kommen. Es kann zu einer Regulationsstarre kommen. Wer von Euch kennt Patienten, die auf keine unserer Therapien ansprechen? Eben!
Patienten in einer echten latenten Azidose sind therapieresistent.