Lektion 2: Schmerzentstehung

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Lektion 2 zu “Schmerz beim Hund” : Schmerzentstehung

Schmerzen können tatsächlich so wirkungsvoll sein, dass man an nichts anders mehr denken oder nichts anderes mehr fühlen kann und sich auf nichts anderes mehr konzentrieren kann. Wenn das Gehirn allerdings meint, dass Schmerzen für das Überleben eher von Nachteil wären (stellen sie sich z.B. einen verletzten Soldaten vor, der sich vor dem Feind versteckt), wird das Tier selbst bei einer ernsthaften Verletzung keine Schmerzen spüren.

Schmerzen sollten im Zusammenhang betrachten werden. Besteht ein Gewebeschaden bei einem Sporthund, der regelmäßig an zum Beispiel Agility Wettkämpfen teilnimmt und dabei fit sein muss, wird er die betroffene Stelle deutlicher spüren, als ein Familienhund, der sich regelmäßig so bewegen darf, wie er will.

Der Körper hat ein Gefahrenmeldesystem, welches das Gehirn informiert, wenn der Körper in Gefahr ist. Es informiert den Körper über das Ausmaß und die Art der Gefahr. Aufgrund von Krankheiten kann das Alarmsystem aber auch defekt sein, wie z.B. beim Diabetes. Das kann enorme negative Konsequenzen für den Organismus haben. Es kann sogar sein, dass durch Gewebeveränderungen keine Schmerzen verspürt werden.

Das Gefahrmeldesystem arbeitet eng mit anderen Sicherheitsvorrichtungen, den Sinnesorganen zusammen: Sehen, Riechen, Hören, Schmecken und Fühlen. Zusammen mit den fünf Sinnessystemen schützt es den Körper vor Selbstzerstörung. Das Alarmsystem braucht eine Kommandozentrale, das Gehirn. Genauso wie wir unsere kostbaren Wertgegenstände in einem alarmgesicherten, gut gepolsterten Tresor bewahren, wurde das Alarmsystem am sichersten Platz im ganzen Körper verstaut- in der knöchernen Geborgenheit des Schädels. (Schädelknochen sind die stärksten Knochen) und es wurde einer quasi hydraulischen gepufferten Umgebung eingebettet. Es gibt außerdem noch andere untergeordnete Kommandozentralen. Diese befinden sich ebenfalls gut gesichert neben den knöchernen Rückenwirbeln.

Überall im Körper befinden sich Millionen von Sensoren verteilt. Sensoren sind Rezeptoren der Haut und der Sinnesorgane, die die Wahrnehmung des Körpers sind, am besten vorzustellen als Reporter, die in ihrem jeweiligen Einsatzgebiet ständig auf Vorkommnisse achten. Sie sitzen in den Wänden und an den Enden von Neuronen, sind Nervenzellen, die die Fähigkeit haben Informationen in Richtung Rückenmark zu senden.

Sensoren können sehr stark spezialisiert sein, manche reagieren nur auf mechanische Kräfte (Kneifen, Druck), manche reagieren nur auf Temperaturunterschiede (warm, kalt) und wiederum andere reagieren bei chemischen Veränderungen, die entweder von außerhalb in den Körper eindringen (Nesseln, Allergiestoffe) oder in dem Körper vorhanden sind (Milchsäure). Wenn Sensoren auf einen Reiz (Säuren oder Kneifen) reagieren, öffnen sie sich, so dass positiv geladene Teilchen (Ionen) von außerhalb in die Neuronen strömen können. Dieses Einströmen löst einen Impuls aus.

Diese Sensoren sind neben den Sensoren in Augen (reagieren auf Licht), Ohren (reagieren auf Schallwellen) und in der Nase (reagiert auf Gerüche) das primäre Schutzsystem gegen mögliche Schäden. Das Gehirn wird vor möglichen gefährlichen Reizen gewarnt und, wenn eine Sensorengruppe ausfällt, kann der Ausfall teilweise durch eine andere kompensiert werden.

Die gleiche Spezialisierung wie bei den Sensoren gibt es auch bei den Neuronen, auf denen diese Sensoren sich befinden. Die lebenswichtigen sensorischen Informationen sind:

  1. Die meisten Sensoren gibt es im Gehirn, sie werden vor allem von chemischen Botenstoffen aktiviert.
  2. Jeder Sensor kann durch verschiedene Medikamente oder Chemikalien geöffnet oder geschlossen werden.
  3. Sensoren haben eine kurze Lebensdauer – von nur ein paar Tagen, dann werden sie durch neue Sensoren ersetzt. Das bedeutet, dass sich Empfindungen ständig verändern. Bei chronischen Schmerzen kann dies neue Hoffnung geben.
  4. Sensoren sind Proteine, die in ihren Neuronen unter dem Einfluss der DNA produziert werden. Das größte Kochbuch überhaut. In der DNA gibt es alle möglichen Rezepte auch solche für viele verschiedene Arten von Sensoren, die auf den individuellen Bedarf ausgerichtet sind. Die DNA ist das größte Kochbuch für den Körper (Sensoren), so dass jeder Körper andere Sensorenausrichtung hat.
  5. Die Geschwindigkeit der Sensorenproduktion kann verändert werden, so dass der Körper dann auf bestimmte Reize schneller oder langsamer reagiert.

Abbildung 1 Reizweiterleitungssystem

Die Schmerzverarbeitung ist in Abbildung 1 dargestellt und gliedert sich in fünf Schritte: Transduktion, Transmission, Modulation, Projektion und Perzeption (Wahrnehmung).

  1. Transduktion

Die Aufnahme eines Reizes, die Transduktion, geschieht in der Peripherie, das heißt vom Gehirn entfernt. Der Körper hat Nozizeptoren, die für die Schmerzaufnahme zuständig sind, in Haut, Muskeln und Gelenken. Sobald ein Reiz auf die Haut einwirkt, werden die Nozizeptoren, diese sensorischen Nervenendungen, die Gewebeschäden in ein Signal umwandeln, stimuliert.

  1. Transmission

Die Weiterleitung, Transmission, dieses Reizes wird von Nervenfasern durchgeführt. Diese Nervenimpulse werden über das periphere Nervensystem in aufsteigenden (afferente), dünnen, schnell leitenden von den Markscheiden umhüllten (myelinisierten) Fasern transportiert. Diese übermitteln den schnellen, stechenden ersten Schmerz. Über dünne und langsam leitende, nicht myelinisierten Fasern werden die langsamen dumpfen Schmerzen übermittelt.

  1. Modulation

Gelangt der Impuls aus der Peripherie in das Rückenmark, werden dort die Impulse zentral verarbeitet (Modulation) und auf Nervenzellen umgeschaltet, die in das Gehirn gelangen. Das Hinterhorn im Rückenmark kann als Tor gesehen werden, durch die der nozizeptiver Reiz durchtreten muss um zum zentralen Nervensystem zu gelangen. An diesem Tor findet also eine zentrale Verarbeitung der ankommenden Impulse im Sinne einer Verstärkung oder Verminderung der Reize statt (Gate- Kontrolle). Erst, wenn der Schmerz durch dieses Tor gelangt ist, wird der Reiz als Schmerz wahrgenommen.

  1. Projektion

Ist der Impuls durch das Tor gelangt, werden die Schmerzinformationen an das Gehirn über das Rückenmark weitergeleitet und übertragen (Projektion)

  1. Perzeption

Sobald der Impuls das Gehirn erreicht hat, werden die Impulse wahrgenommen (Perzeption) und eingeordnet. Dazu hat jeder Teil des Gehirns unterschiedliche Aufgaben. Der Thalamus ist eine Sammelstelle für die ankommenden Erregungen und Beurteilung von Berührung, Schmerz, Temperatur und Gleichgewicht. Die Großhirnrinde ist die Chefsekretärin, sie beurteilt die Reize nach ihrer Dringlichkeit.

 

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