Lektion 6: Laboruntersuchungen

Hallo ,

Endspurt, die vorletzte Lektion gibt Antwort auf die Frage, ob Laboruntersuchungen sinnvoll sind.

Lektion 6 zum Kurs “Tiere richtig entgiften – 2”:
Laboruntersuchungen – sind sie sinnhaft oder nicht?

Eine sehr gute Frage, wie ich finde. Wie es mit Euren Kunden? Meine möchten, zumindest wenn sie gerade frisch bei mir sind, möglichst immer alles schwarz auf weiß sehen. Glauben sie doch immer noch, man könnte ein Tier an einen Diagnosecomputer wie in der Autowerkstatt anschließen und -schwups – spuckt der ein Ergebnis aus. So einfach ist das in der Praxis nicht.

Vor kurzem erzählte mir eine Pferdebesitzerin ganz stolz ihr Pferd sei nicht übersäuert, ihr Haustierarzt hätte es extra getestet. Hier muss man ganz klar die schulmedizinische und die naturheilkundliche, latente Azidose trennen. Wäre das Pferd im schulmedizinischen Kontext akut übersäuert, müsste man intensiv intervenieren. Der pH im Blut ändert sich normalerweise nicht! Und wenn man eine akute Azidose messen möchte, muss das Blut möglichst sofort untersucht werden. Da reicht in Transport über einen Abholdienst nicht aus.

Eine latente Azidose – über die wir uns hier unterhalten – kann der Haustierarzt über eine normale Blutuntersuchung nicht feststellen. Einen Hinweis geben uns Mineralstoffe wie Kalium, Calium und Magnesium im Blut. Sie werden als erste zum Ausgleich der Säuren herangezogen und können einen Mangel aufweisen. Wie immer gibt es auch hier einen Pferdefuß. Kalium kann ein Anzeichen von Hämolyse sein (dazu in den Befund gucken). Eine falsch bilanzierte Fütterung kann zu wenig Calcium und Magnesium nach sich ziehen.

Fangen wir bei der pH-Wert-Messung im Urin an. Wie wir bereits gesehen haben, hat sie eine begrenzte Aussagekraft. Es kommt auf die Tageszeit an und auf den Zeitpunkt der Messung. Als Salze im Bindegewebe eingelagerte Säuren werden nicht gemessen. Es wird gerade mal 1% der freien Säuren im Urin vom Teststreifen erfasst, die gebundenen nicht. Und: die Pufferkapazität im Blut kann sich am Rand des Möglichen befinden und trotzdem erscheint alles im grünen Bereich. Der Körper kann sehr lange heimlich unter Zuhilfenahme seiner eigenen Basenvorräte gegensteuern.

Zu guter Letzt variiert der Teststreifen auch noch um +1 bis -1 gegenüber dem Goldstandard, dem pH-Meter. Toll, was?

Eher saure Werte sind zu erwarten bei reiner Fleischfütterung oder wenn Hund / Katze lange nichts gefuttert haben. Harnwegsinfektionen können den pH ansteigen lassen und Basenvorräte vorgaukeln.

Am wichtigsten sind mir die physiologischen Schwankungen. Fallen die aus, ist Misstrauen angebracht und Forschergeist gefragt.

Nun zur präanalytischen Seite. Wird Urin verschickt, werden die Werte mit zunehmender Transportdauer alkalischer, also verlasst Euch nicht darauf. Dasselbe gilt für Harn, der bei Zimmertemperatur längere Zeit aufbewahrt wird.

Bei Katzen unterschätzt ein Teststreifen den tatsächlichen Wert um etwa 1. Sehr alkalischer Harn kann hier eine Proteinurie vortäuschen- wichtig bei CNI-Kandidaten. Gleichzeitig wird hier das Harnsediment gern falsch negativ (Zylinder lösen sich bei mehr als 8.5 auf).

Fazit: der Urinteststreifen funktioniert schnell und unkompliziert. Vor allem brauchen wir unseren Patienten nicht stechen und dazu ist er auch noch preisgünstig. Leider kann er uns die wichtigsten Fragen nicht beantworten. Bezieht also dieses Testergebnis in das Gesamtbild mit ein. Es ist einfach zu ungenau.

Der in der Humanmedizin wiederentdeckte Säure-Basen-Test nach Sander ist eine gute Annäherung und sehr gut zur Verlaufskontrolle bei einer entsäuernden Therapie. Dazu wird an einem Tag 5-mal zu festgelegten Zeiten Urin abgenommen und auch gegessen. 2 Tage vorher sollten alle Basenpräparate abgesetzt werden. Im Labor erfolgen später Titrationen, die die Puffer im sauren und basischen Bereich beschreiben. Hierbei sollte sich eine möglichst “lebendige” Kurve, also mit großen Ausschlägen, ergeben. Der sogenannte Aziditätsquotient ist hierbei ein Maß für den Zustand der Basenreserven.

Für Pferde gibt es diesen Test in abgewandelter Form. Auch hier gilt es rechtzeitig alle Basenpräparate aus der Fütterung zu eliminieren. Der Urin wird zu einem frei gewählten Zeitpunkt abgenommen. Zur besseren Vergleichbarkeit sollten spätere Proben wieder zu dieser Zeit entnommen werden. Wie gelingt das bei einem Pferd? Vorher gut planen. Am besten körperlich arbeiten lassen und dann in eine frisch eingestreute Box stellen.

Der Aziditätsquotient steht für die ermittelte Aufnahmekapazität des Urins für Säuren und Basen und für die freien Säuren. Der Gesamtaziditätsquotient wiederum ermittelt auch die Ammoniak-gebundenen Säuren. Beide werden gegenübergestellt und ihr Verhältnis kann diagnostisch bewertet werden.

Die Methode nach Jörgensen schaut bei uns Zweibeinern nach den intrazellulären Säurewerten bzw. nach der Pufferkapazität im Blut. Man verzichtet auf den pH im Urin und guckt direkt, wie es in den Erythrozyten aussieht. Danach wird dieser Wert ins Verhältnis zu dem im Plasma festgestellten gesetzt. Ein guter Ansatz, aber für die Tiermedizin nicht etabliert.

Fazit: es gibt kein Testverfahren mit optimaler diagnostischer Sicherheit.

Sei nicht enttäuscht, . Konzentrieren wir uns stattdessen lieber in der letzten Lektion auf das Thema Therapie und Prophylaxe. Und Platz für Deine Fragen und zum weiteren Austausch findest Du im Forum.