Hallo ,
wir sind in der letzten Lektion angelangt:
Im Laufe der vergangenen Wochen habt Ihr gesehen, wie komplex die Materie “Übersäuerung” ist. Es ranken sich viele Mythen, Irrtümer und Halbwahrheiten darum und ohne biochemisches Wissen kommt man hier nicht weit. 100%ig bewiesen ist all das, was ich Euch vorgestellt habe, auch nicht (mit Ausnahme der schulmedizinischen Vorgänge). Schließlich haben Mensch und Tier einen Stoffwechsel und niemand kann mit einer Art Vergrößerungsglas in der Hand die Vorgänge im Bindegewebe beweisen. Die “Schlacken” sind nicht durch bildgebende Verfahren darstellbar, aber man kann sie fühlen! Man steche einmal eine Nadel in einen völlig übersäuerten Patienten und man fühlt es tatsächlich knirschen. Als ob man die Nadel in einen Sandsack sticht. Manchmal kann man es sogar hören. Und nach einer entsäuernden Therapie ist dieses Knirschen verschwunden *staun*!
Das ist echte Erfahrungsheilkunde.
Macht Euch ein Bild über das Tier, seine Umwelt und die Fütterung. Schaut Euch an, ob es krank ist und ob sich diese Erkrankungen typischerweise auf den Säure-Basenhaushalt auswirken. Über den pH-Teststreifen könnt Ihr einen Eindruck bekommen, was aktuell los ist im Bereich der freien Säuren- mehr nicht. Die freundlichen Nieren puffern und binden aggressive Säuren, damit die Harnblase heil bleibt. Denkt daran, dieser kleine Test kann nur den winzig kleinen Anteil an freien Säuren erkennen. Ihr habt damit eben keinen Überblick über die allgemein ausgeschiedenen Säureträger. Der Sandertest zeigt Euch die Pufferkapazitäten, aber wiederum nicht, was eingelagert ist. Profis, die uns Zweibeiner behandeln, schauen auch intrazellulär. Das ist dann die hohe Kunst (für Tiere nicht etabliert).
Tastet unbedingt das Bindegewebe Eures Patienten ab. Mit ein bisschen Übung bemerkt Ihr, wie aufgequollen und uneben es sich anfühlt und könnt es von einer Verspannung unterscheiden (die ist einfach nur hart und ebenmäßig). Bei Pferden ist das sehr schön fühlbar.
Die eingelagerten Säuren, Ihr erinnert Euch, sind in die Salzform umgebaut worden und lagern im Bindegewebe. Dort befinden sich auch jede Menge Umweltgifte und alles andere, was nicht abgebaut werden kann. Daher gehen Entsäuerung und allgemeine Ausleitung oft Hand in Hand. Die meisten chronischen Krankheiten beginnen mit einer allgemeinen Ausleitungsschwäche und Ablagerung. Die Leute sagen Euch dann etwas wie “Irgendetwas stimmt nicht, aber ich weiß nicht, was. Die Schulmediziner finden nichts und sagen, mein Pferd ist gesund, dabei will es nicht mehr richtig arbeiten.” Hier gilt es die Tiere abzufangen. Es ist alles eine Frage der richtigen Brille. Aus einem anderen, nämlich naturheilkundlichen Blickwinkel betrachtet, kann man oft viele Befunde erheben. Die Leute sind dann oft sehr erstaunt, was unsereiner findet. Erfährt unser Patient eine sinnvolle, durchdachte Therapie, sind sie angetan, was sich alles tut, obwohl das Pferd doch “nichts hat”. An dieser Stelle betone ich oft gegenüber meinen Kunden, daß die Schulmedizin trotzdem ihre Berechtigung hat. Unsereiner schaut nur aus einer anderen Richtung, die der Schulmedizin nicht bekannt ist.
Betrachten wir nun die therapeutischen Möglichkeiten. Beginnt bei chronisch kranken Tieren schön langsam und einschleichend.
Basensalze
Auf dem Markt sind viele basische Salze, die die Basenvorräte des Körpers auffüllen sollen. An sich ein guter Gedanke. Was sagt der Magen dazu? Die Salze puffern die Magensäure ab – Nahrung bzw Futter werden nicht ausreichend desinfiziert – eine Fehlbesiedlung des Magen kann die Folge sein. Die Pankreasenzyme sind abhängig von der Salzsäure, sie springen nicht ausreichend an. Die Eiweißverdauung kann gestört werden. Und im Nachhinein, bei Daueranwendung, kann es zu einem Reboundeffekt kommen. Die Magensäure wird sogar vermehrt gebildet. Wenn also vorher noch kein Problem da war, kann man sich so eins schaffen oder man verstärkt es. Gerade Säureblocker wie Omeprazol und Pantoprazol verursachen später genau die Symptome, die sie beseitigen sollten. Gerade Sodbrennen ist selten die Folge von zu viel Magensäure, aber das ist ein anderes Thema.
Der Darm
Eine gesunde Darmbesiedlung ist wichtig, um ausreichend basische Mineralstoffe aufzunehmen. Bei jeder Dysbiose wird praktisch vermehrt in das Bindegewebe eingelagert und es lohnt eine ausleitende Kur. Außerdem belasten Clostridien und andere Anaerobier durch ihre Stoffwechselprodukte die Leber.
Die Leber
Hochleistungsstoffwechsel“fabrik“, Toxinentgifter und sehr wichtiges Entsäuerungsorgan.
Über eine Symbioselenkung des Darms könnt Ihr die Ammoniak- und Toxinbelastung der Leber allgemein senken. Organische Säuren wie Milchsäure und Zitronensäure verbrennen die Leberzellen zu Kohlendioxid, das über die Lunge abgeatmet wird. Dazu braucht sie viel Sauerstoff- Bewegung (!) regt den Kreislauf an und verbessert die Sauerstoffversorgung des Lebergewebes.
In der Phytotherapie ist die Mariendistel hervorragend bei toxischen Leberschäden. Hauptwirkstoff ist Silymarin, ein Wirkstoffkomplex, mit dem wichtigen Silibinin. Es verhindert das weitere Eindringen von Giften, regt die Regenerationsvorgänge in den Leberzellen an und hemmt die Bindegewebsbildung bei der Leberzirrhose. Löwenzahn hat durch seine Bitterstoffe eine sehr gute Leberwirkung, wirkt dazu blutreinigend und harntreibend. Artischocke wirkt leberschützend und -regenerierend, leberstimulierend, galleflussanregend, blutfettsenkend und regt die Verdauungsdrüsen an.
Die Nieren
Das Nieren-Pärchen übernimmt eine sehr wichtige Funktion in der Säure-Basen-Regulation. Immer gutes Wasser anbieten. Auch Katzen immer wieder zum Trinken animieren. Goldrute wirkt Diurese anregend, dazu antientzündlich, antibakteriell und zugleich antioxidativ, krampflösend im akuten Fall und modulierend auf das Immunsystem. Birke regt die Ausscheidung über die Nieren an, entschlackend. Bei Arthrosen und Ekzemen. Fördert die Harnsäureausscheidung. Giersch ist eine großartige Heilpflanze. In der Volksmedizin eingesetzt gegen Rheuma und Gicht. Enthält 4-mal mehr Vitamin C wie Zitronen, Flavonoide, Eisen, Calcium, Kalium, Zink, Mangan u.a. Natürlich kommen auch Brennnessel, der allerbeste Bindegewebsputzer und Harnsäureaustreiber, und Löwenzahn in die erste Wahl.
Bei den Phytos gibt es etliche verschiedene Präparate und Ergänzungsfuttermittel. Man kann auch mit niedrigen D-Potenzen oder Urtinkturen arbeiten, mit Tabletten, Tees. Behandelt hier nach Euren Vorlieben. Wenn Ihr die noch nicht entwickelt habt, dann probiert es aus. Nehmt Euch eine Pflanze vor und wendet verschiedene Zubereitungsarten an. Dann wisst Ihr es.
Milchsäurepräparate
Es gibt nicht nur “die” Milchsäure, sondern rechtsdrehende und linksdrehende. Die rechtsdrehende ist die gute, physiologische, die ständig im gesunden Stoffwechsel anfällt und sogar eine antibiotische Wirkung entfaltet. Sie kann die durch eine direkte Aktivierung der Mitochondrien grundlegend die Sauerstoffversorgung im Organismus verbessern. Die andere, linksdrehende, entsteht im Gärungsstoffwechsel oder bei Fäulnis im Darm und verändert das Zellinnere, ja greift sogar in die Blutgerinnung ein. Der Organismus kann sie nur mit großem Aufwand abbauen. Dabei nimmt sie sich basische Mineralien wie Calcium und Eisen und geht mit anderen Substraten wie Cholesterin Verbindungen ein, um sie in Gelenken abzulagern. Die gute Nachricht: fügt man rechtsdrehende Milchsäure hinzu, bildet sich ein Racemat. Beide Moleküle verhalten sich dann wie ein Spiegelbild und werden ein gut ausscheidbares Pärchen.
Kanne Brottrunk enthält lt. Angabe der Firma Kanne Milchsäure zu gleichen Teilen, rechtsdrehende und linksdrehende 50:50. Aus der Humanmedizin kenne ich die positiven Effekte des Getränks, gerade bei Neurodermitis. Wichtig ist hier dieses besondere Verhältnis, man nimmt also die Milchsäure als Racemat zu sich. Damit soll das ganze mehr wie eine Art Ballaststoff wirken und Ablagerungen auflösen.
RMS-Tropfen (mehrere Hersteller) bieten dem Körper rechtsdrehende Milchsäure. Alternativ Sanuvis-Tropfen von Sanum (Milchsäure als homöopathischer Potenzakkord), Acidum L(+)-lacticum oder auch Sarcolacticum acidum als niedrige D-Potenz, Lactopurum -Tabletten oder Ampullen von Pflüger Arzneimittel u.a. Mit rechtsdrehender Milchsäure kann man sehr schön äußerlich arbeiten, z.B. bei stinkenden Hundefüßen zur Ausleitung oder akut entzündeten Gelenken als Umschlag.
Zitronensäure
Der Zitronensäurezyklus ist Euch bestimmt noch aus der Schule in Erinnerung. Um die Energiegewinnung in den Mitochondrien anzuregen, kann man Zitronensäure in homöopathischer Aufbereitung von außen zuführen. Citrokehl von Sanum (homöopathischer Potenzakkord), Acidum citricum als niedrige D-Potenz.
Ameisensäure
Ameisensäure kommt gerade bei Tieren mit Allergien zur Umstimmung oder bei Harnsäurebelastung zum Einsatz (besonders, wenn Gelenksprobleme da sind). Übrigens, für die Homöopathinnen unter Euch, Tuberkuliniker haben meistens einen Ameisensäuremangel. Formasan von Sanum; Acidum formicicum in niedriger D-Potenz, Formidium ad us. vet. von der DHU.
g-Strophantin
Strophantin ist ein altes, starkes Herzmedikament aus der Rinde des afrikanischen Kletterstrauches. Es hat eine gute Wirkung auf den Säure-Basenhaushalt, indem es die Natrium-Kalium-Pumpe in den Membranen aktiviert. In homöopathischer Form gut ergänzend einsetzbar (verschiedene Hersteller). Herzinfarkte beim Menschen können mit der Übersäuerung der Herzmuskulatur zusammenhängen. Gerade in diesem Gewebe aktiviert es die N-K-ATPase (Achtung, in älteren Arbeiten steht es genau anders) und führt zu einer Herzregeneration.
Denkt bitte bei allen lebensmittelliefernden Tieren bitte an die Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes (!).
Fütterung
Sehr wichtig! Es liest sich so einfach und profan und doch liegt hier oft der Schlüssel. Eine fehlerhafte Fütterung ist oft aussagekräftiger als alle Urinbefunde. Gerade beim Pflanzenfresser Pferd und anderen Dickdarmverdauern ist für eine einwandfreie Futterqualität zu sorgen. Ist Euch aktuell aufgefallen, wie die Pferde allgemein abgebaut haben? Das liegt an der schlechten Heuqualität. Das Gras hat während der Trocknung viel Regen abbekommen und enthält dazu weniger Energie. Wiederum auch mit den bekannten Folgen für den Darm mit Dysbiose und Malabsorption. Und schon geht das Säureproblem los. Ähnliches gilt für zu wenig Rauhfutter und zu lange Fresspausen, Zahnprobleme. Auch Heulage vertragen viele Pferde nicht auf Dauer. Oft zeigen sich auch die Mineralstoffmängel im Boden (sekundär verstärkt durch den Chelatbildner Glyphosat) und im Heu später in der Blutuntersuchung. Hier gilt es wieder einmal Ursachenfahndung zu betreiben. Woher kommt ein im Labor sichtbar gemachter Mineralienmangel und wie zeigt er sich? Sind die Basenbildner betroffen (Calcium, Magnesium, Zink, Kalium, Eisen, Natrium)? Bei einem scheinbar zu hohen Kaliumwert guckt auf die Hinweise des Labors. Vielleicht liegt eine Hämolyse vor? Im Anschluss sorgt für einen Ausgleich über die Fütterung.
Übrigens – kaum zu glauben, aber wahr – ein Pferd kann ohne Müsli überleben! Bei Hund und Katze runter vom Getreide und minderwertigem Industriefutter, das ist das wichtigste. Manchmal lohnt sich auch ein Blick auf das Tränkwasser, gerade bei Pferden, die aus Bachläufen trinken.
Stress
Den Basenräuber Nr. 1 habt Ihr kennengelernt und er unterhält gern klammheimlich eine Übersäuerung. Wenn Ihr so ein Tier vor Euch habt, dann braucht Euer Patient bleibende Unterstützung. Angst und Trauer machen übrigens auch Stress. Ich denke hier besonders an die ängstlichen, gestressten Kandidaten aus dem Auslandtierschutz, die schon so viel mitgemacht haben. Dem Stress vorbeugen, das ist ein herausragender Punkt in der Prophylaxe.
Zuviel Säure fördert Schmerzen, umgekehrt produzieren schmerzhafte Erkrankungen wiederum viel Säure. Beim Menschen sind kommen die Symptome des Weichteilrheumas Fibromyalgie den Übersäuerungszeichen sehr nahe.
Auch ein Hufrehepferd ist ein ganz typischer Säurepatient. Starke Schmerzen, Entzündungshemmer, Pferd muss stehen, es ist dann oft alleine- es bekommt noch zusätzlichen Stress dadurch.
Ich fasse zusammen: “unser” Begriff der Übersäuerung, die latente Azidose, ist in der Schulmedizin nicht definiert. Es existieren keine wissenschaftlichen Daten darüber und mit schulmedizinischen Methoden ist sie nicht erfassbar. Allgemein wird argumentiert, dass der Körper kompetente Puffersysteme hat, die überschüssige Säure in jeder Lebenssituation abfangen. Das chronische Geschehen hingegen bleibt oft über Jahre unentdeckt, auch weil spezifische Symptome fehlen. Naturheilkundliche Messmethoden geben uns jedoch Hinweise. Fasst die Patienten an, nehmt die Anamnesedaten hinzu und therapiert sie. Ihr werdet den Unterschied sehen. Das ist nicht “evidenzbasiert”, dafür die echte Erfahrungsheilkunde.
Bravo , wir sind am Ende der Lektion 7 angekommen! Spätestens jetzt solltest Du im Forumsklassenzimmer offene Fragen stellen oder zumindest einmal eintreten und nachsehen, ob Deine Mitschüler/innen welche gestellt haben. Zudem findest Du dort das Skript zum Download. Das solltest Du rechtzeitig abspeichern, ehe sich die Türen zur Academy und zum Forumsklassenraum schließen. Ich freu mich auf Dich!
Ansonsten bleibt mir an dieser Stelle nicht mehr viel zu sagen außer:
DANKE für Deine Kursteilnahme und ich wünsche Dir alles erdenklich Gute.